Digitale Barrierefreiheit 2025: Was Unternehmen wissen und umsetzen müssen

Die wichtigsten Punkte des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

• Worum geht es im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

  Das BFSG soll sicherstellen, dass die EU-Richtlinie Barrierefreiheit (European Accessibility Act, kurz: EAA) bei uns in Deutschland umgesetzt wird, um relevante Inhalte für alle Menschen verfügbar zu machen und eine digitale Inklusion zu ermöglichen. Sie ist jedoch nicht zwingend für alle Anbieter:innen digitaler Angebote erforderlich.

  Das BFSG soll das Recht von Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen auf gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Teilhabe am Leben in der Gesellschaft stärken. Bedeutet: Die Inklusion soll auch im Bereich der digitalen Medien voranschreiten und das Internet für Menschen mit Behinderungen leichter zugänglich machen.

  Das BFSG dient als Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheits­anforderungen für Produkte und Dienstleistungen, den European Accessibility Act (EAA).

  Das BFSG gilt im B2C Bereich, also zwischen Unternehmen und Verbraucher:innen, da es im Interesse der Nutzer:innen die Barrierefreiheit gewährleisten soll. Neben den Produkten, wie Computern, Smartphones und E-Book-Lesegeräten, sind auch Dienstleistungen wie Telefondienste, Bankdienstleistungen und Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erfasst. Letzteres meint dann insbesondere Websites, Apps und den E-Commerce.

• Was droht umsetzungs-verpflichteten Unternehmen bei Nichtumsetzung der Vorgaben des BFSG?

  Anhand von BITV-Tests wird die Einhaltung des BFSG auf Basis der deutschen Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung geprüft. Stellen die Marktüberwachungsbehörden Verstöße fest (z. B. aufgrund von Meldungen durch Verbraucher:innen oder Verbänden), drohen empfindliche Bußgelder. Diese können bis zu 100.000 Euro betragen.

• Wer ist nach dem BFSG verpflichtet, seine Webseite barrierefrei zu gestalten?

  Der für Unternehmen und Online-Shop-Betreiber:innen springende Punkt ist der elektronische Geschäftsverkehr. Denn dieser erfasst den E-Commerce, aber auch alle anderen geschäftlichen Handlungen wie Online-Terminbuchungen sowie Interaktionsmöglichkeiten. Bitte konsultiert hierfür auch eure eigene Rechtsabteilung.

  Es ist aber - das wird unten noch deutlich - durchaus sinnvoll, eure Website auch barrierefrei(er) zu gestalten, wenn ihr nicht verpflichtet seid.

  Auch wenn die meisten von euch B2B-Unternehmen sind, werden zumindest in euren Karriereseiten auch Privatpersonen angesprochen. So könnte es sein, dass zumindest an dieser Stelle das BFSG gilt.

  Ausgenommen sind lediglich Kleinstunternehmen (weniger als zehn Beschäftigte ODER Jahresumsatz/Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen EUR), die Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbringen oder anbieten. Kleinstunternehmen die digitale Hardware verkaufen, sind auch BFSG-pflichtig.

• Was ist der BITV Test?

  Der BITV-Test ist ein Testverfahren zur Prüfung der Zugänglichkeit von Webangeboten. Er wurde im Rahmen der Projektreihe BIK (Barrierefrei Informieren und Kommunizieren) entwickelt und macht mit definierten Prüfschritten die Messung der eingehaltenen Anforderungen der Verordnung zur Barrierefreien Informationstechnik (BITV) messbar. Der Test wird von unabhängigen Prüfstellen vorgenommen werden - der (positive) Prüfbericht eignet sich gut, um eure Besucher:innen über die Inklusivität eurer digitalen Angebote zu informieren. International tätige Unternehmen sollten sich zusätzlich mit dem Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) beschäftigen, welche den international üblichen Standard für die Sicherstellung von Barrierefreiheit darstellen. Zum Glück sind BITV und WCAG sehr ähnlich, da sie das gleiche Ziel verfolgen und der BITV ursprünglich vom WCAG abgeleitet wurde.

  • Akteure, die nicht der BITV unterliegen, oder Unternehmen, die international tätig sind, orientieren sich jedoch eher an den W3C-Richtlinien, den WCAG. Auch aufgrund europäischer Richtlinien besteht ein Bedarf, eine Bewertung von Websites gemäß des internationalen Standards zu ermöglichen.

  WCAG-Test | BIK für Alle

• WCAG oder BITV - Was ist was und woran müssen wir uns orientieren?

  Während die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) die internationalen Richtlinien für Barrierefreiheit sind, ist die BITV (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) sozusagen die deutsche Version davon. Die BITV beruht auch tatsächlich auf den Vorgaben der WCAG, ist mit diesen aber nicht identisch.

  Vorwurf an die BITV ist häufig, dass sie durch die schnelle Entwicklung digitaler Angebote zum Teil etwas zurücksteht und nicht immer den neuesten Stand abbildet.

  Bestenfalls erfüllen - vor allem internationale digitale Auftritte - die Vorgaben beider Richtlinien, um bestmögliche Barrierefreiehit zu erreichen.

  WCAG 2.2

  Die Web Content Accessibility Guidelines 2.2 in der Fassung von 2023 enthalten in aller Ausführlichkeit Richtlinien, wie Barrierefreiheit für Online-Inhalte (bzw. allgemein digitale Barrierefreiheit) gestaltet werden sollte. Die vom World Wide Web Consortium (W3C) bzw. deren Web Accessibility Initiative (WAI) entwickelten Standards formulieren Kriterien für drei Level der Barrierefreiheit: Von Level A für das absolute Minimum bis zu Level AAA für aktuell größtmögliche Barrierefreiheit.

  Ein Level A-Kriterium wäre zum Beispiel, dass Farbe nicht das einzige visuelle Mittel ist, um eine Information zu transportieren, eine Aktion anzuzeigen oder eine Reaktion zu erbitten. Der Grund dafür ist naheliegend: Nicht alle Menschen können Farben gleichermaßen gut erkennen oder unterscheiden.

  Ein Level AAA-Kriterium wäre, dass Texte sich immer mit einem deutlich sichtbaren Kontrast von ihrem Hintergrund bzw. ihrer Umgebung abheben müssen. Nur so sind sie zuverlässig auch für Menschen mit stark beeinträchtigtem Sehsinn noch erkenn- und lesbar.
  
  BITV 2.0 / EN 301 549 V3.2.1 (2021-03)

  Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0, zuletzt 2023 geändert, basiert auf § 12d des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) und regelt im Kern die bereits bestehende Pflicht für öffentliche Stellen in Deutschland, Websites barrierefrei zu gestalten.

  Die in § 3 der BITV angegebenen “Anzuwendenden Standards”, die für Websites gelten, werden über die Anforderungen für den Webbereich definiert, nämlich die Anforderungen der Europäischen Norm für digitale Barrierefreiheit in EN 301 549 V3.2.1 (2021-03). (Die vollständige Fassung dieser Norm finden Sie hier als PDF.)

  Dabei gilt es wohl als anerkannt, dass eine Website, die die Anforderungen der WCAG 2.2 einhält, auch als barrierefrei im Sinne der Norm und damit auch des BGG ist.

  • Im BFSG selbst sind Normen nicht klar definiert – eine entsprechende Formulierung in § 4 BFSG lässt aber vermuten, dass die genannte Europäische Norm hier ebenfalls als Maßstab genommen werden kann und sollte – dadurch wird in der Praxis auch die BITV für die Umsetzung von Barrierefreiheit als Basis genutzt werden können.
    

• Was ist nun zu tun, um die Vorgaben für die Barrierefreiheit umzusetzen?

  • Mit dem BITV-Selbsttest prüft ihr in 98 Prüfschritten ausgewählte, repräsentative Seiten eures Webauftritts. Gerne unterstützen wir euch hierbei.
  • Es folgt die Analyse nicht bestandener Prüfschritte sowie die Erstellung eines Konzepts, wie die digitalen Angebote optimiert werden müssen, um die nicht barrierefreien Stellen allen zugänglich zu machen.
  • Ist der Selbsttest fehlerfrei abgeschlossen, kann die Beantragung des Tests bei einer unabhängigen Prüfstelle folgen, um nach Bestehen des Tests ein entsprechendes Zertifikat auf der Webseite einzubinden und so über die nachgewiesene Barrierefreiheit zu informieren.

• Was sind typische Barrieren auf Websites?

  • zwischen dem Text und dem Hintergrund bestehen nur schwache Kontraste,
  • die verwendeten Farben und Schriftarten sind mit einer Sehschwäche schlecht oder gar nicht sichtbar/lesbar,
  • die Website ist nicht allein mit der Tastatur bedienbar, hierzu zählt auch die Auswahlmöglichkeit beim Cookie-Banner,
  • die Schrift ist schlicht zu klein und die Website bietet keine Zoom-Option,
  • Untertitel und Alt-Texte von Bildern, Videos und Audiodeskriptionen fehlen,
  • Texte, Formulare etc. können vom Screenreader nicht erkannt werden,
  • komplizierte Sprache und verschachtelte Sätze erschweren es, den Inhalt der Texte zu verstehen,
  • Navigationselemente lassen sich nicht oder nicht gut (intuitiv) mit der Tastatur ansteuern und sind so in der Zugänglichkeit für alle beschränkt – beispielsweise Formularfelder, die per Tabulator nicht in der sinnvoll erwartbaren Reihenfolge angesteuert werden können,
  • PDFs, deren Texte nicht erkannt und deshalb z.B. nicht vorgelesen werden können,

  • Bilder ohne Alt-Text, der z.B. von Screenreadern genutzt werden kann.

• Was sind die Maßnahmen für eine Inklusivität digitaler Angebote?

  • Schriftarten und Schriftgröße sollten so gewählt sein, dass die Texte immer gut lesbar sind und in ausreichendem Kontrast zum Hintergrund stehen.

  • Schrift sollte sich stets vergrößern lassen – dabei ist wichtig, dass die Website auch bei vergrößerter Darstellung voll funktionsfähig bleibt. Interaktive Elemente sollten auf jeden Fall groß genug und auch klar voneinander abgegrenzt sein.

  • Videos sollten stets mit Untertiteln auch in ihrer Ursprungssprache versehen werden.

  • Links, Formulare, Buttons und Eingabefelder – letztlich alle interaktiven Elemente einer Website – sollten im Quellcode so ausgezeichnet sein, dass sie zum einen auch durch Screenreader korrekt erkannt und ausgegeben und zum anderen über die Tastatur problemlos und auf sinnvolle Art und Weise angesteuert werden können.

  • PDFs und andere Dokumente sollten barrierefrei gestaltet und umgesetzt werden.

  • Texte sollten stets verständlich und nachvollziehbar, klar strukturiert, sprachlich korrekt und sauber geschrieben sein. Ideal wäre es zudem, Inhalte in Leichter Sprache anzubieten, die auch von Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen gut verstanden werden können.

  • Bilder sollten stets mit Alt-Texten versehen werden.

• Können BITV-Tests nicht einfach automatisiert werden?

  Es gibt Anbieter:innen von automatisierte Tests zur Barrierefreiheit. Diese können jedoch immer nur einen Teil der Prüfschritte testen. Verschiedene Tools unterstützen die Prüfung, jedoch ist uns bisher keines bekannt, welches einen größeren Teil davon testen kann. Einige Prüfschritte erfordern die Verwendung unterschiedlicher Tools, z.B. Screenreader, um zu erkennen, ob alle Bereiche sinnvoll erfasst und erreicht werden können. Andere Prüfschritte sollen bestätigen, dass Inhalte, z.B. Beschreibungstexte, nicht nur vorhanden, sondern auch nützlich sind.

  Es ist sicher sinnvoll, ein Auge darauf zu haben, was in diesem Feld künftig entwickelt wird.

Digitale Barrierefreiheit

Sprachbarrieren

Überwindung von Sprachbarrieren: Mehrsprachige Inhalte und klare, einfache Sprache für internationale Benutzer

Geräteunabhängiger Zugang

Websites sollten auf verschiedenen Geräten und Bildschirmgrößen zugänglich und nutzbar sein

Seheinschränkungen

Unterstützung von Bildschirmlesegeräten, hohe Kontraste und skalierbarer Text

Motorische Einschränkungen

Große Schaltflächen und alternative Eingabemethoden wie Sprachsteuerung

Hörbeeinträchtigungen

Bereitstellung von Untertiteln und Transkripten für Audio- und Videoinhalte

Fehlende digitale Erfahrung

Intuitive Navigation und verständliche Anleitungen für Benutzer mit geringer digitaler Erfahrung